Lesen in der digitalen, online Welt

Cull, Barry W. (2011): Reading revolutions. Online digital text and implications for reading in academe. In: First Monday 16 (6). Online verfügbar unter http://firstmonday.org/htbin/cgiwrap/bin/ojs/index.php/fm/article/view/3340/2985, zuletzt geprüft am 9.6.2011.

Ich werde zuerst die (für mich) interessanten Punkte des Autors wiedergeben. Am Schluss folgen dann meine eigenen Gedanken zu dem Text.

Zusammenfassung

Einleitung

Einige Wissenschaftler halten das Internet für eine Bedrohung – sie meinen, dass Lesen sich durch Google und Co. nachteilig entwickeln wird. Diese These möchte der Autor untersuchen.

Obwohl das Internet oft als ein Medium für die Übertragung von Bildern, Videos und Musik wahrgenommen wird [1], so ist es doch immer noch hauptsächlich ein Kommunikationsmedium für Texte. Darum kann das Internet nur in einer sehr gebildeten und belesenen Gesellschaft Erfolg haben.

Gedruckte Information ist nicht tot, aber gebildete Menschen auf der ganzen Welt lesen heute regelmäßig an ihren Bildschirmen. Und alle Leser – auch Studierende und Lehrende – lesen digitalen Text anders als gedruckten Text.

Lesen ist so allgemein, dass oft vergessen wird, wie wichtig es in der Entwicklung und Kommunikation menschlichen Wissens ist. Es ist eine zentrale Fertigkeit in unserer modernen Gesellschaft. Gerade darum, weil Lesen so wichtig ist, könnte eine Änderung der Lesegewohnheiten, schwere Folgen haben.

Eine Änderung unserer Lesegewohnheiten hat nicht nur technologische, gesellschaftliche oder Verhaltensfacetten. Neurologen wie Maryanne Wolf meinen sogar, dass neurologische Veränderungen eintreten, dass es unser Gehirn sich von einem „lesenden Gehirn“ zu einem „digitalen Gehirn“ entwickelt.

Wie wird Lesen in dem Artikel definiert? Cull meint damit jedes anhaltende Lesen aus Spaß oder zur Information. Das schließt auch das reflektierende und kritische Lesen für Studium und Arbeit ein, dass vor allem mit Studierenden und Lehrenden assoziiert wird. Diese Art des Lesens – auch aus Spaß – ist anhaltend und gehen in die Tiefe. Es ist eher eine kontemplative Tätigkeit, die ein wenig im Gegensatz zu dem Zeitgeist des Internets, der Unmittelbarkeit, steht.

Eine kurze Geschichte des Lesens

Lesen, als kulturelle Aktivität, hat seit seinen Anfängen schon viele große Veränderungen erlebt. Die ersten Zeichen, die gelesen wurden, wurden erst vor etwa 6000 Jahren entwickelt, das erste vollständige Alphabet wurde von den Griechen um etwa 750 vor Christus erfunden. Bis zum vierten Jahrhundert musste ein Buch aufgerollt um gelesen werden zu können. Aus den Schriftrollen wurden zusammengefaltete Blätter und später der Kodex, die moderne Buchform, entwickelt.

Die ersten Leser und Schreiber haben sich selbst und anderen immer laut vorgelesen. Erst im neunten Jahrhundert führten Klosterregeln dazu, dass leise gelesen wurde. Im dreizehnten Jahrhundert war das stille Lesen für sich selbst normal geworden. Der Autor zitiert Darnton, der meint, dass dieser Wechsel vom lauten zum stillen Lesen eine größere mentale Anpassung erforderte als der Wechsel zum gedruckten Text.

In der Mitte des 15. Jahrhunderts erfand Johannes Gutenberg die Druckpresse mit beweglichen Lettern. Diese Erfindung revolutionierte langsam aber sicher das Lesen und mehr. Der Autor zitiert wieder Darnton:

„For the first half century of its existence, the printed book continued to be an imitation of the manuscript book. No doubt it was read by the same public in the same way. But after 1500 the printed book, pamphlet, broadside, map, and poster reached new kinds of readers and stimulated new kinds of reading. Increasingly standardized in its design, cheaper in its price, and widespread in its distribution, the new book transformed the world. It did not simply supply more information. It provided a mode of understanding, a basic metaphor of making sense of life.“

Aber erst während der industriellen Revolution wurde Lesen eine weitverbreitete Freizeitaktivität in Europa und Nordamerika. Und als sich dann die post-Industrielle Gesellschaft entwickelte, wurde Lesen eine zentrale Tätigkeit in vielen Berufen.

Lesetrends im modernen Nordamerika

Etwa die Hälfte aller Amerikaner und Kanadier lesen regelmäßig in ihrer Freizeit. Der Autor zitiert Grisworld, der davon ausgeht, dass in der Gesellschaft ein hochgebildetes und wohlhabendes Elite-Segment entstehen wird, dass mehr lesen wird als die Durchschnittsleser der Vergangenheit. Diese Klasse wird aus der jungen Kommunikations-Elite und den älteren Menschen, die weniger technologisch fortgeschritten sind, aber gerne lesen, bestehen und sie wird immer eine Minderheit, auch in den hoch gebildeten Gesellschaften sein. Es wird geschätzt, dass sie in den westlichen Ländern und Japan etwa ein Viertel bis ein Drittel der Population ausmachen werden. Lesen ist also keine weitverbreitete Tätigkeit mehr, aber diese Klasse der Lesenden wird Lesen sehr hoch schätzen.

Der Nutzen des Lesens in der Freizeit

Was bringt Lesen in der Freizeit?

Als erstes stärkt regelmäßiges Lesen die Lesefähigkeit: je mehr man liest, desto besser kann man lesen.

Es gibt aber auch viele bemerkenswerte Beziehungen zwischen Lesen und positivem gesellschaftlichem Verhalten. So gibt es eine Korrelation zwischen Jugendlichen, die starke Leser sind und einer niedrigen Kriminalitätsrate, niedrigen Arbeitslosigkeitsrate und niedriger Abhängigkeit von Sozialhilfe. Außerdem sind die Ausgaben für Gesundheit niedriger.

Außerdem sind die Amerikaner, die viel lesen, viel mehr im kulturellen und gesellschaftlichem Leben engagiert als die, die nicht lesen.

Wenn sich nun die Lesegewohnheiten ändern, könnte die Gefahr sein, dass sich diese Auswirkungen des Lesens auch ändern werden.

Trends im Internetgebrauch

Der gesellschaftliche Nutzen des Internets ist noch immer sehr umstritten. Aber wie ist die Entwicklung in diesem Bereich?

Weltweit erreicht das Internet 26% der Menschen. Die Benutzung von Mobiltelefonen, die immer mehr auch das Internet bereit stellen, hat 67% der Weltbevölkerung erreicht. Der Autor berichtet von kanadischen Studien, in denen festgestellt wurde, dass 98% High School Schüler das Internet täglich mindestens eine Stunde besuchen. 20% der Schüler sind mehr als fünf Stunden am Tag im Internet. Aber man hat auch festgestellt, dass der erhöhte Nutzen des Internets nicht zu Lasten des Lesens geht. Es ist eine Tatsache, dass die Menschen, die viel im Internet sind, auch viel Lesen. Zeit im Internet vermindert nicht die Zeit, die zum Lesen genutzt wird.

Online Forschung und Lesegewohnheiten

Es ist wichtig zu bemerken, dass auch wenn viel Zeit im Internet verbracht wird, das nicht automatisch eine Entwicklung der Forschungs- oder (kritischen) Lesefähigkeiten hat. Die Richtigkeit der Information, die im Internet gefunden wird, wird vor allem von Studierenden nicht immer hinterfragt.

In der Lehre und Forschung – egal ob Studierender im ersten Jahr, Lehrende, Forschende oder Professoren – hat sich die Tendenz heraus entwickelt, eher „horizontal“ als „vertikal“ nach Information zu suchen. Information wird überflogen und es wird sich schnell zwischen einzelnen Webseiten hin und her bewegt. Der Autor zitiert Rowlands et al., die sagen:

„The average times that users spend on e-book and e-journal sites are very short: typically four and eight minutes respectively. It is clear that users are not reading online in the traditional sense, indeed there are signs, that new forms of „reading“ are emerging as users „power browse“ horizontally through titles, content pages and abstracts going for quick wins. It almost seems that they go online to avid reading in the traditional sense.“ [2]

Web Designer wissen schon länger, dass Menschen online nicht viel lesen wollen und dass es darum nicht immer sinnvoll ist, längere Texte ins Netz zu stellen. [3]

Es entwickelt sich ein typisches „Bildschirmleseverhalten“, dass darin besteht, dass Texte überflogen werden. Man hält Ausschau nach Schlüsselwörtern, liest nicht mehr linear und liest eher selektiv. Weniger Zeit wird benutzt um in die Tiefe oder konzentriert zu lesen. Die Gefahr besteht, dass Leser nur Textfragmente lesen, ohne den Kontext, in dem sie stehen, zu wissen oder dass sie von Links und Information, die eigentlich am Rande stehen, abgelenkt werden.

Aber es wäre nicht richtig zu sagen, dass solche Lesegewohnheiten nur online stattfinden. Eine Studie unter Lehrenden und Forschenden hat gezeigt, dass auch gedruckte Information oft ähnlich gelesen wird. Akademiker lesen nur selten einen Zeitschriftenartikel oder ein Buch vom Anfang bis zum Ende, sondern sie lesen Teile, oft nicht in Reihenfolge, benutzen Hände und Finger um sich im Text vor und zurück zu bewegen, sie unterstreichen und annotieren, verbinden das, was sie lesen oft mit dem, was sie schreiben und verteilen oft Papierstücke über ihren Tisch.

Online Text in wissenschaftliche Bibliotheken

Für mehrere Jahrtausende bis etwa vor zwanzig Jahren, war es die zentrale Aufgabe von Bibliotheken Texte in physischer Form zu beherbergen: von Tontafeln, über Schriftrollen zu gedruckten Büchern und Zeitschriften. Auch wenn gedruckter Text immer noch eine wichtige Aufgabe von wissenschaftlichen Bibliotheken ist, so ist es nun auch eine Kernaufgabe von Bibliotheken, Zugang zu digitalen Informationen zu ermöglichen. In der westlichen Welt geben Bibliotheken bereits ein Mehrteil ihrer Medienbudgets für elektronische anstatt gedruckte Information aus.

Bibliothekare sind davon überzeugt, dass digitale Texte eine Zukunft haben. Sie kaufen nicht nur elektronische Texte, sondern sind auch zu Herausgebern solcher Texte geworden, indem sie Printmedien digitalisieren [5]. Die Digitalisierung hat Wissenschaftlern und der allgemeinen Öffentlichkeit große Vorteile gebracht. Aber Gründe für diesen Wandel sind auch wirtschaftliche und haben mit immer steigenden Zeitschriftenabonnements und zurückgehenden Bibliotheksbudgets zu tun.

Bei elektronischen Zeitschriftenartikeln mit ihrer relativ kurzen Länge und Focus auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse wurde sehr schnell erkannt, dass sie ideale Kandidaten für eine digitale Verfügbarmachung sind. Artikel über die neusten wissenschaftlichen Forschungen können so sehr viel schneller auf die Schreibtische der Forscher gebracht werden als in gedruckter Form.

Populäre eBooks

Schon seit einigen Jahren stellen wissenschaftliche Bibliotheken auch Monografien in digitaler Form zur Verfügung. Allerdings machen komplizierte Schnittstellen und verschiedene Digital Rights Management-Systeme der Verlage diese Aufgabe schwieriger. Zum Beispiel gibt es schon seit längerem digitale Werkzeuge zum Unterstreichen und Annotieren. Dennoch finden viele Leser, dass Monografien in gedruckter Form besser geeignet sind um sie gründlich lesen und annotieren zu können als wenn die Bücher auf einem Computer-Bildschirm dargestellt werden.

Allerdings ist dieser Markt im Augenblick im Wandel. Kindle, iPad und andere eBook-Reader revolutionieren gerade das Lesen elektronischer Bücher. Google ist mit vielen großen Bibliotheken eine Partnerschaft eingegangen und digitalisiert ganze Bestände. Außerdem hat Google Verträge mit großen Verlagen abgeschlossen um elektronische Bücher zur Verfügung zu stellen. Auch andere Digitalisierungsinitiativen wie Hathi Trust machen Bücher in digitaler Form verfügbar. Deshalb könne es durchaus sein, dass das Lesen von Büchern im elektronischen Format bald so komfortabel wird wie bei gedruckten Ausgaben.

Die Vorlieben der Studierenden

Studierende ziehen Text auf Papier zum Lesen vor, aber sie wollen auch die Vorteile die online digitaler Text bringt. Sie mögen den schnellen Zugriff, den sie auf elektronische Medien haben, aber drucken die elektronischen Dokumente dann aus um sie zu lesen.

Die kognitive Neurowissenschaft des Lesens

Lesen hat auch eine kognitive und neurologische Komponente. Es ist daher denkbar, dass das Lesen von eBooks auch neurologische Auswirkungen hat.

Das Gehirn hat sich nicht für Kultur entwickelt, sondern Kultur hat sich so entwickelt, dass sie durch das Gehirn bearbeitbar ist. In der Geschichte haben alle Schreibsysteme gemeinsame Eigenschaften: meistens bestehen sie aus einer Kombination von Strichen. Das Gehirn kann trainiert werden, diese Striche zu interpretieren.

Es ist zwar so, dass das Überfliegen von Text und das Herumspringen im Text nicht auf online Lesen beschränkt ist, aber diese Art zu lesen ist die am häufigsten benutze bei elektronischen Texten.

Wissenschaftler haben in den letzten Jahren festgestellt, dass es große Unterschiede zwischen online-Lesen und Lesen von gedruckten Texten gibt.

Das Lesen von online Texten ist kognitiv komplexer als das Lesen von gedruckten Texten. Eine Ursache dafür sind Hyperlinks. Durch diese Verknüpfungen werden dem Leser mehr Möglichkeiten geboten. Der Leser muss also mehr Entscheidungen treffen, wie er mit den Möglichkeiten umgehen wird und das führt wiederum dazu, dass mehr Hirnaktivität benötigt wird. Es wurde auch festgestellt, dass das Scrollen am Bildschirm mehr mentale Arbeit bedeutet.

Auch der Kontext jedes Mediums führt zu kognitiven Unterschieden beim Lesen von elektronischen oder gedruckten Texten. Der Rahmen, in dem der Text steht hat eine Auswirkung darauf, wie der Leser den Text aufnimmt. Dieser Paratext, wie z.B. der Buchumschlag, die Widmung und die Danksagungen bilden einen Rahmen, der die Interpretation des Textes beim Leser formt. Diese paratextuellen Elemente sind bei online Texten anders als bei gedruckten Texten.

Weiterhin wurde festgestellt, dass beim Lesen von elektronischen Texten die Leser alle drei bis zehn Minuten ihre Aktivität ändern. Bei so viel Veränderung ist nicht möglich, gründlich zu lesen. Auch Multitasking, wie es beim Lesen von online Texten (oder vom Leben in der digitalen Welt an sich) oft erfordert wird spielt eine Rolle. Es ist eine Tatsache, dass es länger dauert zwei Dinge gleichzeitig als hintereinander weg zu erledigen. Wissen, dass aus gleichzeitig laufenden Aktivitäten gewonnen wurde, kann weniger flexibel in neuen Situationen eingesetzt werden.

Wie bereits gesagt, überfliegen Leser online Texte eher als gedruckte Texte. Dies führt aber dazu, dass die Texte weniger gut verstanden werden. Es wurde auch festgestellt, dass das Lesen am Bildschirm 20 bis 30% langsamer ist als das Lesen von Texten auf Papier.

Jetzt, wo Computer sehr mobil geworden sind und überall mitgenommen werden können, muss sich auch noch gefragt werden, welche psychologischen Folgen die immerwährende Verbindung zum Internet für die Benutzer hat. Viele Studierende studieren, folgen Vorlesungen und pendeln zur Universität und schalten dabei nie ihre Notebooks, Mobiltelefone oder iPads ab. Dieser direkte Zugang zu Information kann dazu führen, dass Studierende sich nicht mehr mit der Information beschäftigen oder sie verstehen wollen – man kann es ja zu jeder Zeit nachgucken. Aber eine Auseinandersetzung mit der Information ist wichtig, damit sie in Wissen umgewandelt werden kann.[4]

Viele dieser Unterschiede im Lesen zwischen elektronischem und gedruckten Text haben mit Zeit zu tun, die Zeit die üblicherweise genutzt wird um sich mit einem Text auf Papier auseinander zu setzen im Gegensatz zu der Zeit, die genutzt wird über den Text zu fliegen – ein Verhalten, das zwar auch bei gedruckten Texten möglich ist, aber bei online Texten üblicher ist. Maryanne Wolf sagt dazu:

„I am worried about kids who are immersed in digital culture. They will get to college and they will have been Twittering so much that they won’t have the patience to read those really long cognitively convoluted and complex sentences. They may not have developed those rich networks which are required in order to read at a high level of sophistication … The effort is what we are going to lose. They are becoming not so much a lazy reader, but an atrophied reader.“

Schlussbemerkungen

Über die Jahrtausende hat sich Lesen immer wieder geändert und es hat auch uns Menschen geändert.

Es muss erst noch gesehen werden, ob Maryanne Wolfs Befürchtungen wahr werden. Viel mehr Forschung ist nötig um festzustellen, welche Änderungen das Lesen von online Texten wirklich mit sich bringen.

Wenn man aber davon ausgeht, dass wir möchten, dass Wissen auch im menschlichen Gehirn und nicht nur in elektronischen Geräten gespeichert wird, muss man bedenken, dass Zugang zu Information und die Erwerbung von Wissen zwei unterschiedliche Dinge sind. Zugang zu Information ist nicht mit erworbenem Wissen gleichzusetzen. Durch Informationstechnologie ist Zugang zu Information relativ einfach geworden, aber die Erwerbung von Wissen bleibt schwierig und braucht Zeit – Zeit, die Worte zu verstehen, Zeit, zwischen den Zeilen zu lesen, Zeit um die gelesenen Ideen zu reflektieren.

Meine eigenen Gedanken

Wie lese ich? Wie gehe ich mit geschriebenen Text um?

Ich habe mir beim Lesen und Arbeiten mit dem Text die Frage gestellt: Wie lese ich?

Ja, wenn ich Information im Internet suche, browse ich durch Suchergebnisse und überfliege Texte bis ich die Antwort finde. Ich liebe das Internet dafür, dass es mir schnellen Zugang zu Information gibt. Aber ich drucke mir auch einzelne Artikel aus, lese sie vom Anfang bis zum Ende, unterstreiche Textpassagen und schreibe Anmerkungen. Und dann setze ich mich schon mal hin und schreibe über das, was ich gelesen habe, so wie ich es jetzt auch tue. Diese Auseinandersetzung mit dem Text braucht allerdings Zeit und da Zeit begrenzt ist, kann ich es nicht immer und mit allen Texten machen. Es ist wichtig, eine gesunde Mitte zwischen Überfliegen und Lesen zu finden.

Ich sagte gerade, dass ich Texte ausdrucke, damit ich sie unterstreichen und annotieren kann. Mit großer Aufmerksamkeit beobachte ich den eReader-Markt und glaube, dass die Entwicklung bald so weit ist, dass ich mit Text auch auf einem elektronischen Lesegerät genauso komfortabel wie auf Papier umgehen kann. Im Augenblick gibt es noch Aspekte, die mich stören und die mir zu bedenken geben, dass Papier und Stift immer noch einfacher sind. Aber es war ja auch mal, vor vielen Jahren, einfacher auf Papier mit einem Stift zu schreiben als auf einem Rechner. Diese Zeiten sind vorbei. Textverarbeitung ist einfacher und schneller als das mühsame Schreiben auf Papier. Vielleicht wird das Lesen eine ähnliche Entwicklung machen. Wenn es dann soweit ist, werde ich umsteigen.

Fußnoten

[1] Es ist kurzsichtig zu glauben, dass sich Wissen allein in Texten kommuniziert werden kann. Wissen kann auch in Bildern, Audio-Dateien und Video weitergegeben werden und das Internet erlaubt den einfachen Umgang mit diesen Kommunikationsmitteln. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit ist der Austausch dieser anderen Möglichkeiten so einfach wie der von Text. Man hört immer wieder, dass diese anderen Medien oder völlig neue Möglichkeiten wie Gaming verpönt werden, weil sie als eine Gefahr für das Lesen gesehen werden. Text ist nicht unbedingt besser als Bilder, Ton- und Video wenn es in der Kommunikation von Ideen geht. Der Umgang mit diesen neuen Medien wird zukünftig genauso wichtig sein wie Lesen. Aber darum geht es in diesem Artikel gar nicht. Der Autor beschränkt sich auf die Aktivität des Lesens und diskutiert nicht Lesen im Kontext weiterer Kommunikationsmöglichkeiten.

[2] Ich frage mich, ob dieses horizontale Lesen, das Überfliegen und Browsen von Texten nur an dem Medium Internet liegt oder auch ganz einfach daran, dass wir in einer Informationsexplosion leben. Es wird so viel Information generiert, dass man nicht mehr alles detailliert und in die Tiefe gehend lesen kann. Das Überfliegen von Texten, das Lesen von Inhaltsverzeichnissen und Abstracts dient auch dazu, aus dem Überangebot von Texten die relevantesten herauszuholen.

[3] Und deshalb fürchte ich, dass kaum einer den Text, den ich hier geschrieben habe, wirklich von Anfang bis Ende lesen wird.

[4] Ähnliche Befürchtungen können aber für das Schreiben und Lesen an sich vorgebracht werden. Schreiben wurde entwickelt, um Gedanken außerhalb eines menschlichen Gehirns zu fixieren. Dafür gab es mehrere Gründe: Erstens brauchte sich ein einzelner Mensch nicht mehr so viel zu merken und zweitens war die Information auch für andere, an anderen Orten und zu anderen Zeiten verfügbar. Das Internet führt diese Entwicklung einfach nur fort. Wahrscheinlich gab es auch Befürworter der mündlichen Tradition, die sich, als das Schreiben und Lesen entwickelt wurde, befürchteten, dass sich Denken und Wissen durch die neue Entwicklung ändern würde. Vielleicht haben sie argumentiert, dass sich die Merkfähigkeit der Menschen zurück entwickeln würde. Wir wissen es nicht. Ihre Befürchtungen wurden uns nicht überliefert. Und natürlich hat sich das Denken und Wissen durch Schreiben und Lesen geändert – aber es war wohl auch zum Besten der Menschheit. Könnten die Änderungen im Wissen und Denken, die uns das Internet bringt, nicht auch zum Besten der Menschheit sein?

[5] oder Dokumentenserver betreuen

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