Mendeley als Alternative zu Zotero? Ein erster Überblick

Ich halte Zotero für eines der nützlichsten Programme in meinem Arbeits- und Studiumsleben. Aber ich bin nicht zu 100% glücklich mit Zotero. Mir fehlt z.B. so etwas wie ein Citation Key, eine ID für meine Metadaten zu einem bestimmten Dokument. Das kann irgendwas sein, z.B. eine laufende Nummer. (*) Es gibt auch andere, die sich sowas für Zotero wünschen. Unter ZoteroDev gibt es ein entsprechendes Ticket, aber das neuste Kommentar ist dort auch schon 20 Monate alt. Es steht in den Sternen, ob und wann es mal umgesetzt wird.

Wegen dieser Unzufriedenheit habe ich mir Mendeley installiert. Mendeley hat nämlich die Möglichkeit einen Citation Key zur bibliographischen Beschreibung anzulegen. Man kann diese Keys automatisch erstellen, indem man die Bibliographie als BibTex-Datei exportiert. Änderungen, die man per Hand vornimmt, bleiben bei einer weiteren automatischen Erzeugung erhalten. Und wenn man nach dem Citation Key sucht, findet man das entsprechende Katalogisat. Das ist genau, was ich brauche.

Auf dem ersten Blick ähnelt Mendeley Zotero in vielen Aspekten. Beim genaueren Hinschauen gibt es dann doch Unterschiede. Dazu kommt, dass Mendeley keinesfalls so stabil wie Zotero ist. Doch zu den Unterschieden:

Es ist einfach, eine Webseite in Zotero aufzunehmen: Ein Klick, eventuell ein bißchen Katalogisierung und fertig. Das funktioniert unter Mendeley nicht ohne weiteres. Es gibt eine Verknüpfung, die man in die Lesezeichen-Leiste ablegen kann. Wenn man aber nun z.B. einen Artikel aus dem Kölner Stadtanzeiger in seine Bibliothek aufnehmen möchte, geht das nicht. Der Mendeley Link funktioniert nur bei einigen ausgesuchten Websites wie arxiv oder World Cat, SpringerLink oder ScienceDirect. Wie bei Zotero werden COinS benutzt, aber im Gegensatz zu Zotero nur bei einigen, ausgewählten Websites. Bei den meisten akademischen Repositorien werden trotz eventuell vorhandener COinS diese nicht erkannt. Natürlich kann man dennoch Webseiten aufnehmen, aber das geht nur händisch. Nicht dass man bei Zotero nicht auch Hand anlegen muss – aber manchmal kann man die von Zotero extrahierte Information auch benutzen. Bei Mendeley wird nichts extrahiert. Bei PDF-Dateien gibt es Vorteile bei Mendeley: Das Programm versucht, die Metadaten aus PDF-Dateien zu extrahieren. Aus einem von mir geschriebenen Protokoll, dass ich testweise geladen habe, hat es den Titel erkannt. Bei Zotero war dies nicht möglich. (**)

Aber es gibt ja Abhilfe: man kann seine Zotero-Bibliothek in Mendeley synchronisieren. Das funktioniert nur in die Richtung Zotero nach Mendeley, nicht umgekehrt. Nur erweist sich Mendeley in der Hinsicht noch als sehr fehleranfällig. Ich bekomme zwar die Zotero-Dateien rüber, aber die Tatsache, dass ich mit Zotero synchronisieren möchte, wird nicht gespeichert. Nach der Synchronisation kommt meistens ein Absturz der die Daten zur Synchronisation aus den Optionen löscht.

Wenn man nun aber auf Zotero verzichtet? Dann muss man halt alle Metadaten selber eingeben. Der Katalogisierungsaufwand ist, vor allem wenn man auch Webseiten verwaltet, größer.

Was PDFs betrifft, ist Mendeley Zotero nicht nur in der Metadatenextraktion überlegen: Man kann die geladenen PDFs auf dem Mendeley-Desktop annotieren. Da könnte man es sich fast überlegen, einen PDF-Snapshot einer Website zu erstellen und diesen zu den Metadaten der Webseite dazuzuladen. Da Webseiten sich sehr schnell ändern können, ist eine solche Fixierung vielleicht keine schlechte Idee. Und diese PDF könnte ich dann in Mendeley annotieren.

Mendeley-Desktop ist nicht, wie Zotero, ein Plugin von Firefox, sondern ein separates Programm. Einige mögen das als Nachteil sehen, mich stört es nicht. Im Gegenteil: es macht mich nicht davon abhängig, Firefox zu benutzen. Und außerdem ist das eigenständige Programm übersichtlicher als Zotero. Wenn man Zotero in derselben Übersicht haben möchte, muss man es maximieren, aber dann ist der Browser nicht mehr nutzbar. Zotero als halbes Firefox-Fenster ist ein Kompromiss, der mir nicht wirklich gefällt.

Ein Argument gegen Mendeley ist, dass es ein proprietäres Programm ist. Man liefert sich zu einem gewissen Maße einer Firma aus. Während der Speicherplatz von Zotero nur durch die Größe der webdav-Partition begrenzt wird, ist das Maximum, das man bei Mendeley hochladen kann, 500 MB. Danach braucht man ein Premium-Paket. Im Augenblick bin ich mit meinen Zotero-Dateien bei 115 MB. Aber dieses Limit gilt nur, wenn man seine Daten auf die Mendeley-Website zwecks Synchronisation hochlädt. Man kann Mendeley Desktop auch eigenständig benutzen. Für mich, die ich von mehreren Rechnern an mehreren Orten auf meine bibliographischen Daten zugreifen möchte, geht es aber nicht ohne den Weg über die Mendeley-Website und damit nur mit der Einschränkung. Die Kosten für diese Premium-Pakete sind noch nicht bekannt.

Die Synchronisation zwischen Mendeley-Desktop und meinem Account ist noch nicht optimal. Die Metadaten und die dazugehörige Datei auf dem Desktop werden nicht auf die Website geladen. Es kommt immer wieder zu Fehlermeldungen. Die Metadaten der Website werden auf den Desktop übernommen. Es ist mir nicht möglich, über die Webschnittstelle eine PDF-Datei zu den Metadaten hochzuladen, etwas, was auf dem Desktop ohne weiteres möglich ist. Also brauche ich mir jetzt noch keine Gedanken über Premium-Pakete zu machen: die Dateien werden sowieso nicht synchronisiert.

Durch meine Versuche mit der Zotero- und Mendeley-Website-Synchronisation empfinde ich Mendeley als ziemlich buggy. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn es handelt sich um die Programmversion 0.9.4. Da muss man mit Abstürzen und Problemen rechnen. Dennoch werde ich es mal in der nächsten Zeit ohne Zotero-Synchronisation ausprobieren. Mendeley ist es auf jeden Fall wert, dass man es richtig kennenlernt. Zotero werde ich, bei all den Bugs und Fehlermeldungen und Abstürzen jetzt noch nicht deinstallieren.

Fußnoten

(*) Der Grund: Ich mache mir oft einen Ausdruck des Artikels. (Ja, ich weiss, es ist nicht cool, Ausdrucke zu machen, aber ich lese sehr viel im Zug und besitze keinen E-Book-Reader) Da würde ich mir am liebsten den Citation Key draufschreiben, damit ich die zum Ausdruck gehörigen Daten schnell und problemlos in Zotero finden kann. Natürlich könnte ich auch nach Autor und Titel suchen, aber wenn man vom selben Autor mehrere Artikel oder Buchkapitel oder Bücher in Zotero beschreibt, ist das auch wieder umständlich. Und dann mache ich mir Notizen zu gelesenen Artikeln oder Webseiten in Word uns speicher sie als RTF ab – und dafür gibt es einen guten Grund: so kann ich nicht nur Textnotizen machen (wie Zotero es erlaubt), sondern auch Bilder. Und außerdem brauche ich die RTF-Dateien auch für andere Zwecke, auf die ich jetzt nicht eingehen möchte. Oder ich zeichne mir ein Bild zu dem Artikel und speicher es ans PNG ab. Als Dateinamen würde ich gerne diesen Citation Key benutzen, so dass ich sofort eine Beziehung zwischen meinem Eintrag in Zotero und zu diesen Dateien erstellen kann. Und auch auf Delicious gebe ich diesen Citation Key in meinen Notizen an und weiss so, dass ich mir die bestimmte URL schon genauer angeschaut habe.

(**) Ein Zitat aus den FAQs zu der Extraktion von Metadaten aus PDFs:

The automatic extraction of document details (authors, title, journal etc.) from a research paper works in several steps.

First, the full text is extracted from the article (currently, only text PDF documents are supported; OCR support for scanned image PDFs is coming soon).

Then, Mendeley Desktop generates a „fingerprint“ from the article’s text. The fingerprint is anonymously sent to the Mendeley server (the server doesn’t store this information and no one can see which articles you are reading). The server checks whether correct document details already exists for this fingerprint and, if that’s the case, downloads it.

If no corresponding fingerprint is found, Mendeley Desktop searches the article’s text for a DOI („Digital Object Identifier“) number. Should it detect a DOI, it queries the CrossRef database for the correct document details.

Finally, if no DOI is found either, Mendeley Desktop uses algorithms to analyze the full text extracted from the article and tries to „guess“ the document details. Unfortunately, it won’t guess correctly 100% of the time. However, if you correct the recognition mistakes, other Mendeley users can benefit from this as well! Here’s how:

As you know, you can back up your Mendeley Desktop library to your account on Mendeley Web. When you do so, the aforementioned fingerprint and the document details which you corrected are uploaded to your account. The Mendeley server aggregates the document details + fingerprints across all user accounts into a completely anonymous common document details pool (also see What about privacy?). So the next time another user runs the same article through the automatic document details extraction, the document details you corrected can be retrieved from the Mendeley server via the fingerprint. In this way, every user benefits from the other users‘ corrections.